tschechische Musik

tschechische Musik
tschẹchische Musik,
 
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Bezeichnung für die Kunst- und Volksmusik der Tschechen. Die landschaftlich sehr unterschiedliche Volksmusik ist seit dem 11. Jahrhundert belegt. Mit der römischen Liturgie verbreitete sich der gregorianische Choral; der geistliche Volksgesang der Hussiten wirkte auf die Lieder der Böhmischen Brüder, die Anfang des 16. Jahrhunderts gedruckt erschienen. Schon 1558 gab der Bischof der Böhmischen Gemeinde J. Blahoslav die erste musiktheoretische Schrift in tschechischer Sprache, »Musica«, heraus und kurz danach ein Gesangbuch (1561), an das J. A. Comenius mit seinem Amsterdamer Gesangbuch (1639) anknüpfte. Die sich allgemein parallel zur europäischen Musik entwickelnde tschechische Kunstmusik des 16. bis 18. Jahrhunderts ist mit den überwiegend in Prag tätigen Musikern Bohuslav Černohorský (* 1684, ✝ 1742), F. X. Brixi, F. X. Duschek, V. J. Tomášek vertreten. Daneben machten sich »böhmische« Musiker in ganz Europa einen Namen, u. a. Jan Zach (* 1699, ✝ 1773), J. D. Zelenka, J. W. A. Stamitz, F. und G. A. Benda, Josef Mysliveček (* 1737, ✝ 1781), J. L. Dussek und A. Reicha. Die Geschichte der tschechischen Nationalmusik beginnt Anfang der 1860er-Jahre mit B. Smetanas Eintreten für eine nationale geprägte tschechische, besonders dramatische Musik. Seinem Beispiel folgte A. Dvořák, der die tschechische Musik auch um die Gattung der Märchenoper bereicherte. Zur Gründergeneration gehört auch Z. Fibich, der die Stilprinzipien der wagnerschen Opernreform in seinen dramatischen Werken, v. a. in dem szenischen Melodram »Hippodamia« (1890/91), konsequent durchführte. Mit L. Janáček setzte eine neue musikalische Entwicklung ein; seine Vokalmusik, Opern und Instrumentalwerke bauen stilistisch auf der Basis der mährischen und ostslawischen Volksmusik und auf seiner Theorie der Sprachmelodie auf. Dvořák und Janáček bildeten Komponistenschulen, zu denen u. a. V. Novák und J. Suk gehören. In der Musik dieser Komponistengeneration setzten sich bereits impressionistische und frühexpresionistische Züge durch. Die tschechische Musikmoderne wird durch B. Martinů, einen Komponisten folkloristisch-neoklassizistischer Richtung, und durch den Mikroton-Avantgardisten A. Hába repräsentiert. Nach 1945 verlief die Entwicklung ideell und stilistisch mehrschichtig. Viele namhafte Komponisten knüpfen an die Tradition an, u. a. Jaroslav Řídký (* 1897, ✝ 1956), Jan Seidel (* 1908), Václav Dobiáš (* 1909, ✝ 1978), andere, v. a. der mittleren und jüngeren Generation, verwenden in sehr persönlicher Art kompositorische Prinzipien der Neuen Musik, u. a. Miloslav Kabeláč (* 1908, ✝ 1979) und Jan Kapr (* 1914, ✝ 1988), die sich neben M. Kopelent auch im Ausland einen Namen erworben haben, sowie Jan Rychlík (* 1916, ✝ 1964), Zbyněk Vostřák (* 1920, ✝ 1985), Jan Novák (* 1921, ✝ 1984), Jan Tausinger (* 1921, ✝ 1985), Josef Berg (* 1927, ✝ 1971), Miloslav Ištvan (* 1928, ✝ 1990), Jan Klusák (* 1934), Luboš Fišer (* 1935) und der seit 1969 in den USA lebende Petr Kotík (* 1942). Ein Ensemble für Neue Musik (Agon-Ensemble) gründeten 1983 in Prag die Komponisten Petr Kofroň (* 1955), Martin Smolka (* 1959) und Miroslav Pudlák. Mit Aufführungen zeitgenössischer Musik tritt auch das seit 1946 jährlich stattfindende, bedeutendste tschechische Musikfestival »Prager Frühling« hervor.
 
 
J. Racek: Česká hudba od nejstarších dob do počátků 19. století (Prag 1958);
 K. M. Komma: Das böhm. Musikantentum (1960);
 J. Matějček: Die Musik in der Tschechoslowakei (a. d. Tschech., Prag 1967);
 
Čeští skladatelé současnosti, hg. v. A. Martínková (ebd. 1985);
 
Hudba v českých dějinách od středovéku do nové doby, hg. v. J. Černý (ebd. 1989).

Universal-Lexikon. 2012.

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